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Axel Hütte: Düsseldorf, Museum Kunst Palast / Bottrop, Josef Albers Museum

Der Düsseldorfer Fotokünstler Axel Hütte zeigt Bilder von klarer Schönheit. Wichtig ist aber, was er nicht zeigt.

Axel Hütte ist einer der wichtigsten Vertreter der Düsseldorfer Fotoschule; in den 1970ern studierte der heute 66-Jährige bei Bernd Becher, dessen kalten, nahezu dokumentarischen Blick auf die Umgebung er teilt. Die Ausstellung „Night and Day“ im Düsseldorfer Museum Kunst Palast stellt die bislang umfangreichste Werkschau Hüttes dar; zu sehen sind rund 70 großformatige Nacht- und Tagbilder aus den Jahren 1995 bis 2017, die von kaum beleuchteten Naturaufnahmen bis zum Abbild taghell illuminierter Stadtlandschaften reichen. Parallel zur Ausstellung in Düsseldorf zeigt das Josef Albers Museum in Bottrop das Frühwerk Hüttes.

Ordnung und Chaos

Der Düsseldorfer Fotokünstler Axel Hütte zeigt Bilder von klarer Schönheit. Wichtig ist aber, was er nicht zeigt.

Von Falk Schreiber

Klar strukturiert spannt sich die Straßenbrücke in der japanischen Stadt Ise über einen Fluss: eine Betonfahrbahn, ein stählernes Geländer, leuchtend rote Träger, fotografiert in enervierend symmetrischer Kameraperspektive. Die reine Ordnung. Wäre da nicht der Bildhintergrund. Ein Wald anscheinend, undurchdringliches Grün, das farblich in der sanft bemoosten Fahrbahn wiederauftaucht, das sich aber ansonsten nicht mit der Verkehrsarchitektur verbindet – das Chaos wuchernder Natur, das ein Rätsel bleibt angesichts der verkehrsarchitektonischen Strenge im Vordergrund.

Eine Aufnahme wie „Ise (bridge), Japan“ ist typisch für Axel Hütte. Der 1951 geborene Fotograf studierte bei Bernd Becher in Düsseldorf und übernahm von diesem einflussreichsten Fotokünstler der Nachkriegs-Bundesrepublik die Vorliebe für die vordergründig wertfreie Abbildung menschenleerer Architekturphänomene. Hütte aber geht in seiner Kunst weit über die (tatsächlich auch bei Becher gebrochene) dokumentarische Fotografie hinaus; seine Arbeiten leben von der Spannung zwischen Gezeigtem und Unsichtbarem und hinterfragen so die Möglichkeiten der Fotografie selbst.

Noch deutlicher als bei der japanischen Brückendarstellung wird das bei Hüttes Aufnahme der Berliner Nationalgalerie. Auch hier sehen wir erst einmal Architektur, den ikonographischen Mies-van-der-Rohe-Bau (1968) im Kulturforum. Allerdings ist das modernistische Gebäude selbst kaum zu erkennen: Die Aufnahme ist bei Nacht entstanden, zu sehen ist in erster Linie die Neonbeleuchtung des verglasten Museumsraums, der orangefarbene Widerschein des Lichtes auf dem Boden sowie einzelne Lichter der umliegenden Gebäude. In den Hintergrund tritt das, was bei einem Museum eigentlich im Zentrum stehen sollte: die Kunst. Einzig ein großes Werk ist an der Seite zu erahnen, ohne dass sich wirklich erkennen lässt, was es darstellt – die grellen Neonröhren verwischen das Bild eher als dass sie es beleuchten.

Beu der japanischen Brücke ist es die Natur, beim Berliner Museum ist es die Kunst, die hinter der gezeigten Technik verschwindet und gleichzeitig spürbar vleibt – ein Einbruch des Chaotischen, des nicht zu Ordnenden in die aufgeräumte Gegenwart, den Hütte zwar nicht zeigt aber wie eine unsichtbare Folie über seine Bilder legt.

Im Laufe seiner Karriere hat Hütte diese Fotografie des Unzeigbaren immer weiter perfektioniert und sich so zu einem Künstler entwickelt, dessen Arbeit weit über die Fotokunst hinausgeht: Gerade die jüngeren Arbeiten leben von ihrem Nachdenken darüber, was Kunst eigentlich zeigen kann, was Kunst grundsätzlich ist. In Düsseldorf präsentiert die Ausstellung „Night and Day“ Werke aus dieser späteren Schaffensphase, von 1995 bis heute. Was einem die Gelegenheit gibt, die künstlerische Entwicklung dieses für die westdeutsche Fotografie so wichtigen Künstlers vergleichend zu betrachten: Nur einen Katzensprung von der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt entfernt, in Bottrop, ist nämlich das Frühwerk Hüttes zu sehen, bis heute kaum bekannte Arbeiten aus der Zeit vom Ende der 1970er Jahre bis etwa 1992.

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