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Bestes Festival International: Le Guess Who? 2017

Bestes Festival International: Le Guess Who? 2017

Die Festivalsaison ist eigentlich schon gelaufen, wenn man im tristen November wehmütig an den Sommer zurückdenkt – da sorgt ein immer noch als Geheimtipp laufendes Festival im beschaulichen Utrecht alljährlich dafür, dass die Liste mit den Konzert-Höhepunkten noch einmal umgeschrieben werden muss. Auch in diesem Jahr traten mehr als 150 Acts in Konzertvenues, Theatersälen, Galerien, Warehouses und Kirchen der niederländischen Stadt auf, und Mitte November war dann nach den vier Festivaltagen wieder einmal klar, dass selbst die renommierteste internationale Konkurrenz abgehängt wurde.

Was aber macht Le Guess Who? so besonders?

Klar, das Tivoli Vredenburg ist ein beeindruckendes Zentrum, und hat man sich erst mal an all die Rolltreppen und die vertrackten Gänge des futuristischen Baus gewöhnt, will man den herausragenden Sound aller neun Venues nicht mehr missen. Hinzu kommen neben den regulären Clubs auch ungewöhnliche, über die Stadt verteilte Spielstätten, die jährlich wechseln. Auf der Suche nach dem etwas abgelegenen Rockschuppen De Helling sollte man sich auch unbedingt verlaufen: Man entdeckt so eine wunderschöne Stadt, die völlig zu Unrecht im Schatten von Amsterdam steht.

Doch vor allem geht es natürlich um das geschmackssichere Line-up, bei dem die Veranstalter nicht nur sehr sensibel und ausgesucht aus Indie, experimenteller Elektronik, Globalbeats und Jazz kombinieren, sondern das Programm auch von prominenten Gastkuratoren mitgestalten lassen: Im vergangenen Jahr sind etwa Perfume Genius, James Holden, Grouper und Shabazz Palaces unter die Booker gegangen. Vor allem Mike Hadreas alias Perfume Genius: Während sein Auftritt mit Streicherensemble im Großen Saal bewies, dass er sich in den vergangenen Jahren vom schüchternen Songwriter am Piano zum selbstsicheren Bandleader gemausert hat, zeugte auch das von ihm zusammengestellte Programm von großer Connaissance. Der Auftritt von Margaret O’Hara war etwas ganz Besonderes: Die Kanadierin hat mit „Miss America“ (1988) lediglich ein einziges Album veröffentlicht und spielt so gut wie keine Konzerte. Neben Lieblingsmusikerinnen wie Aldous Harding und Weyes Blood wählte er zudem den 22-köpfigen Chor Le Mystère Des Voix Bulgares aus, deren Auftritt im Dom zu den diesjährigen Höhepunkten zählte.

Die Höhepunkte aus 2017 aufzuzählen ist eh müßig: Nach vielen Jahren kehrt John Maus endlich auf die Bühne zurück, Protomartyr (Video) stellen ihr neues Album „Relatives in descent“ vor und schließen damit endgültig zu Postpunkgrößen wie Ought und Preoccupations auf, tUnEyArDs und The Soft Moon stellen erstmals ihre neuen Alben vor, Sun Kil Moon spielen, Thurston Moore auch … Konzentrieren wir uns lieber schon auf die Vorfreude auf dieses Jahr im November.

Infos und Tickets für Le Guess Who? 2018 vom 8. bis 11. November gibt es hier.

 

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