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Guardians of the Galaxy Vol. 2

„Guardians of the Galaxy Vol. 2“ ist doch nur eine Comicverfilmung? Falsch! Es ist der erste Superheldenfilm über moderne Patchworkfamilien.

Jede siebte Familie in Deutschland ist eine Stieffamilie. In Comics dürfte dieser Anteil noch sehr viel höher sein, denn jedes Superheldenteam ist ein Patchwork aus unterschiedlichen Persönlichkeiten verschiedenster Herkunft, mit diversen Fähigkeiten und divergenten Charakteren. Oder um es frei nach dem von seinem Stiefgroßvater aufgezogenen Willy Brandt zu sagen: Hier wächst zusammen, was eigentlich nicht zusammengehört.

Denn die Marvel-Helden der „Avengers“-Filme und die „Justice League“ (Start: 16. 11.) von DC Comics ringen immer mindestens genauso mit ihren Feinden wie mit ihrer familären Zusammensetzung. Wer durch Superfähigkeiten vom Normalorest der Menschheit isoliert lebt, braucht nämlich auch Wärme und Geborgenheit, da kann man noch so düster umwölkt sein wie Batman oder so zynisch wie Iron Man. Die „Guardians of the Galaxy“ von Marvel leiden zudem darunter, dass sie als Söldner alleine in ihrem Raumschiff durchs All fliegen. Draufgänger Peter Quill, die Amazone Gamora, der Muskelberg Drax, der sprechende Waschbär Rocket und das Baumwesenbaby Groot: Sie raufen sich zusammen, denn sie haben sonst niemanden. Als sie Quills Vater treffen, eröffnet der seinem Sohn: Du bist ein Halbgott. Der Waise Quill, der in der Patchworksippe seiner Kollegen ein Zuhause fand, ist daraufhin überglücklich, endlich den verbliebenen Teil seiner biologischen Familie gefunden zu haben. Doch Gamora ist skeptisch: Kann man abwesenden Vätern trauen, ob sie nun jedes zweite Wochenende vorbeikommen oder das erste Mal überhaupt? Oder sind Patchworkpapas wie Quills Ziehvater, ein blauhäutiger Weltraumpirat, nicht die wahren Daddys? Sie sind schließlich immer da und geben einem das Rüstzeug fürs Leben mit auf den Weg.

Aber der Anführer der Guardians ist nicht der einzige mit einem Familienproblem: Gamora wurde als Mädchen in Zweikämpfe mit ihrer Adoptivschwester Nebula getrieben. Weil Gamora meist gewann, bekam Nebula für jede Niederlage zur Strafe einen Körperteil durch Maschinenteile ersetzt. Sie ist im Wortsinne ein Patchwork – voller Metall, Schwesternhass und Sehnsucht nach einer Familie. Und so geht es weiter: Rocket will stets seinen Quasibruder Quill übertrumpfen, Witwer Drax verguckt sich in ein Single-Alien mit Insektenantennen, und Babybaum Groot wird am Schluss zum pubertierenden Teenie, dem Onkel Quill sein mit Ästen und Blättern verschmutztes Zimmer vorhält.

So ist „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ die erste Comicverfilmung, die alternative Familienformen vorlebt: Es ist egal, wo du herkommst, welche Farbe deine Haut hat, was du früher gemacht hast und dass wir uns die meiste Zeit anbrüllen. Familie, das ist nicht nur Biologie und Herkunft; es ist vor allem Liebe und der Wunsch, nicht mehr allein zu sein im unendlichen Universum. Und ab und zu mal als teambildende Maßnahme die Galaxie zu retten. vs

Die Spielzeiten von „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ gibt es hier.

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