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Honne: Warm on a cold Night

Mit „Warm on a cold Night“ veröffentlichen Honne das flauschigste Debüt des Jahres. Und tatsächlich sind die beiden Jungs des Londoner Duos ganz eng miteinander …

„Wir stecken beide in einer langen Beziehung“, sagt James Hatcher (kein Bart), und zehn Zentimeter neben ihm auf dem Sofa bricht Andy Clutterbuck (Bart) in lautes Gelächter aus. Was ist denn nun los? „Ach, ich muss an gestern denken. Wir haben Fotos gemacht, und die Fotografin, ein junges Mädchen aus Paris, traute sich irgendwann nach Stunden zu fragen, ob wir beide zusammen wären. Voll süß.“ Sind sie nicht, die Jungs sind jeweils seit mehreren Jahren mit ihren Freundinnen liiert. Doch auf die Idee kann man schon kommen, wenn man erlebt, wie vertraut und fast zärtlich die beiden Mittzwanziger an diesem Vormittag im Berliner Büro ihrer Plattenfirma miteinander umgehen, sich permanent anlächeln und immer wieder die Gedanken des anderen aufgreifen und weiterführen. „Andy ist einer der empathischsten Menschen, die ich je getroffen habe“, so Hatcher, als man sich wieder beruhigt hat. „Er hat sogar einen Song über meine Freundin und mich geschrieben, als wir beide uns ineinander verliebten.“ Da ist er schon wieder, dieser schmachtende Blick.

Romantik ist für die beiden Musiker – Clutterbuck singt und schreibt die Texte, Hatcher produziert, das Komponieren machen sie einzeln oder auch zusammen – nicht nur kein Fremdwort, sondern ein zentraler Wert. Oder, wie Clutterbuck es formuliert: „Man kann schon sagen, dass wir ziemlich liebe, freundliche Typen sind.“

Aber auch solche Jungs haben bisweilen das Bedürfnis eine Band zu gründen, und bei James und Andy war es so, dass sie sich vor Jahren, beide waren 18 damals, in der Schlange an der Essensausgabe der Londoner Unimensa kennenlernten. Man quatschte, verabredete sich, stellte zahlreiche Interessenüberschneidungen und gemeinsame musikalische Vorlieben fest, studierte weiter (beide haben ein abgeschlossenes Musikstudium) und verbrachte die restliche Zeit damit, „das Handwerk zu lernen und unsere Fähigkeiten zu polieren.“ Jahrelang teilten sich die Jungs, keine Überraschung, auch die Wohnung, aber das sei irgendwann wirklich nicht mehr gegangen: Tag und Nacht habe man sich in die gemeinsame Musik verbissen, an kleinsten Details gefeilt und sich endlos hineingesteigert. „Um die Beziehung gesund zu halten“, so formuliert es Hatcher, „mussten wir lernen, auch mal loszulassen. Unsere Musik und uns selbst.“

Zuvor hatten sie diverse Stile ausprobiert, die alle im Großraum Elektropop angesiedelt waren, und als dann jeder für sich lebte, klappte es nicht nur mit den Mädchen (ihre Freundinnen fanden die beiden fast zeitgleich), sondern – vor gut zwei Jahren – auch mit dem ureigenen Sound. Clutterbuck sagt: „Ich erinnere mich noch gut an den Abend, an dem wir ‚Warm on a cold Night‘ schrieben. Es war ungefähr unser 15. Song, und der erste, den wir auch anderen Leuten vorspielen wollten. Wir waren richtig aufgekratzt.“ Die Jobs als Musiklehrer gaben sie nach ihrem Heureka-Moment bald auf, und als Clutterbuck mit seiner Freundin für ein halbes Jahr nach Tokio zog, kam er nicht nur mit unzähligen Eindrücken und Songideen, sondern auch mit dem Bandnamen zurück. Honne bedeutet auf Japanisch: echtes, wahres Gefühl.

„Wir machen die Art von Musik, die du an einem Sommerabend im Auto hörst, während du mit offenem Fenster durch die Großstadt fährst“, sagt Hatcher. Diese Stadt könne Tokio, Berlin oder auch New York sein (wo sie das Video für den Song „Coastal Love“ drehten), entscheidend sei das „kosmopolitische, zukunftsweisende Element.“ So wird ihr Stil von den Medien dann auch gern als Futuristic Pop bezeichnet, und das mögen die Jungs. Immer noch ist viel Elektronik in diesen Liedern, aber auch ein unaufdringlicher 80er-Einfluss, dazu subtile Anspielungen an die 90er, unheimlich viel Harmonie, ein wenig Funk, dazu eine sanft kitzelnde Grundflauschigkeit im Klang sowie dieses gewisse Flirren zwischen Retro und Moderne, wie es aktuell auch die Soulsängerin Izzy Bizu beherrscht, mit der man sich dann auch gleich mal zum Verbotene-Liebe-Duett „Somebody that loves you“ verabredet hat. Vorbilder? Der große Quincy Jones, der einst „Thriller“ von Michael Jackson produzierte. Natürlich habe man sich auch das Keyboardspiel eines James Blake und den klugen Soul eines Frank Ocean angehört, doch: „Letztlich wollen wir niemanden nachmachen und finden auch, dass man uns so hundertprozentig mit niemand anderem vergleichen kann.“

Bis Ende des Jahres werden die beiden jetzt wieder nicht nur ihre Tage, sondern auch die Nächte zusammen verbringen: Es geht auf Tournee, und da müssen die Freundinnen daheim bleiben. „Auf dem nächsten Album geht es dann um unsere Trennungen“, sagt Clutterbuck und meint das wohl nur halb im Scherz. Schließlich erzählt er auch, dass er seinem Mädchen schon mal vorsorglich einen schönen Strauß Blumen aus Berlin hat schicken lassen.

Text: Steffen Rüth

Honne LIVE
FESTIVALS
19.-21. 8. Dockville, Hamburg
29. 9. – 1. 10. Way Back When, Dortmund

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