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Mo Kenney: The Details

So ganz sicher ist sich die kanadische Songwriterin Mo Kenney nicht, ob es wirklich eine gute Idee ist, ihr bislang bestes Album zu veröffentlichen.

Mo, auf deinem dritten Album „The Details“ klingst du rockiger und vielschichtig wie nie zuvor, aber wegen der Texte macht man sich schon Sorgen: Es geht um Beziehungsunfähigkeit, Depressionen, zu viel Alkohol und Selbstzerstörung.

Mo Kenney (lacht): Das kann ich natürlich nachvollziehen, und während des Schreibprozess habe ich auch eine ziemlich finstere Zeit durchlebt, aber inzwischen geht es mir wirklich sehr gut. Die Platte war ein voller Therapieerfolg.

Dann funktioniert das Songschreiben bei dir wirklich als Katharsis?

Kenney: Es klingt wahnsinnig pathetisch, aber seit ich ein Teenager bin, habe ich mich so durch mein Leben manövriert. Natürlich kann man sich in einer konkreten Notsituation nicht hinsetzen und einen Song darüber schreiben. Ich brauche immer ein bisschen Abstand, aber dann hilft es, ein Problem längerfristig zu verarbeiten. Schon während der Arbeit an dem Album ging es mir besser, weswegen die Platte auch mit versöhnlichen und hoffnungsvollen Tönen endet.

Kostet es jetzt Mut, mit diesen Songs in die Öffentlichkeit zu gehen?

Kenney: Beim Schreiben hatte ich keine Skrupel – aber ehrlich gesagt war ich mir damals auch hundertprozentig sicher, dass ich einige Songs niemals veröffentlichen werde. Das flaue Gefühl kam dann im Studio. Auch meine ersten beiden Platten waren sehr persönlich, nur habe ich da einige Details im Nachhinein verschlüsselt und allgemeiner formuliert. Auch wenn die Verunsicherung so kurz vor der Veröffentlichung immer mal wieder aufblitzt, bin ich froh, dieses Mal auf Nachbesserungen verzichtet zu haben. Inzwischen bin ich vor allem unsagbar stolz auf dieses Album.

Was sich nur noch mal ändern könnte, wenn du die Songs bei Konzerten vor Publikum spielen musst.

Kenney: Das hatte ich auch befürchtet, aber nach den ersten Testläufen kann ich sagen, dass das Gegenteil der Fall ist: Meine Verletzlichkeit gibt mir Kraft. Vielleicht bereue ich in ein paar Jahren, mich derart geöffnet zu haben, aber momentan bin ich davon überzeugt, dass man gewisse Dinge nicht verstecken darf. Dieses Schweigen verursacht oft sehr viel mehr Schmerzen als das eigentliche Problem.

Interview: Carsten Schrader

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