Zum Inhalt springen

Son of Saul

László Nemes findet in seinem Oscar-Gewinner „Son of Saul“ einen respektvollen Weg, das Grauen von Auschwitz darzustellen, ohne es zu banalisieren.

„Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch“, schrieb 1949 der Philosoph Theodor W. Adorno. Ein Diktum, das sich ohne Weiteres auch auf die filmische Aufarbeitung des Holocaust beziehen lässt: Wie zeigt man das Unzeigbare? Es gab es diverse Versuche, die Verbrechen des NS-Regimes in Spielfilmform aufzubereiten. Doch so aufrichtig Filme wie „Schindlers Liste“ oder „Das Leben ist schön“ in ihrem Anliegen waren, so problematisch sind sie auch, denn die Fiktionalisierung des Holocaust birgt stets die Gefahr einer unbeabsichtigten Banalisierung.

Mit seinem Oscar-Gewinner „Son of Saul“ findet der ungarische Regisseur László Nemes nun eine mögliche Antwort auf die Frage, wie man den Horror von Auschwitz erfahrbar machen kann, ohne das unvorstellbare Leid der Opfer dafür auszubeuten: Die Kamera klebt förmlich am Rücken der Hauptfigur Saul, der inmitten einer systematischen Maschinerie der Entmenschlichung um einen letzten Funken Würde für sich und den Leichnam seines Sohnes ringt. Was um ihn herum passiert, bekommen wir nur in Fetzen mit. Wir hören die Schreie der Lebenden im Hintergrund, sehen flüchtig die ausgemergelten Körper der Toten am Bildrand.

László Nemes muss dabei weder mit seiner Kamera draufhalten noch künstlich dramatisieren: Dass man als Zuschauer um die realen Verbrechen weiß, macht den Film unerträglich genug. Gerade weil er darauf vertraut, ist „Son of Saul“ so wichtig – und so sehenswert. (sb)

Die Kritik zu „Son of Saul“ gibt es hier.

Beitrag teilen: