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The Party

Bei der Berlinale gefeiert: Sally Potters Boulevardkomödie „The Party“ über eine Gruppe englischer Linker, denen beim Feiern alle Gewissheiten und Überzeugungen abhandenkommen.

Was kommt dabei heraus, wenn eine englische Regissseurin mit der Partei abrechnet, der sie einst nahestand und die ihre Prinzipien aufgegeben hat? Eine 71-minütige Farce allererster Güte. Sally Potter („Orlando“, 1992) ist wütend über den Rechtsruck von Labour seit Tony Blair, besorgt darüber, dass die Leute immer mehr ihren Bezug zur Politik verlieren, dass die Wahrheit immer mehr darunter leidet und dass England daran zerbircht. Also gibt sie der Linken furios eins auf den Mund, wohlgesprochen und verbal dinstinguiert, versteht sich, we are schließlich british: Die ehrgeizige Politikerin Janet (Kristin Scott Thomas) ist als Gesundheitsministerin ins Schattenkabinett der Linken berufen worden. Das will sie mit ihren engsten Freunden feiern, tuschelt aber andauernd mit jemandem am Telefon rum, während ihr Oxford-Gatte (Timothy Spall) mit leerem Gesicht ein Glas Roten nach dem anderen kippt und ohrenbetäubende Tanzmusik auflegt. Janets beste Freundin (Patricia Clarkson) zickt mit ihrem deutschen Eso-Freund Gottfried (Bruno Ganz) herum, die lesbische Professorin (Cherry Jones) und ihre halb so alte Frau (Emily Mortimer) erfahren, dass sie Drillinge erwarten, und der koksende Banker (Cillian Murphy) will verzweifelt die Knarre loswerden, die er wer weiß warum mitgebracht hat …

Potters rasante Farce in Schwarz-Weiß ist wie eine Ansammlung an Höhepunkten aus drei Staffeln einer selbst schon rasanten TV-Politsatire. Hier fallen politische Überzeugungen und lebenslange Freundschaften schneller in sich zusammen und werden (Lebens)Lügen rascher aufgedeckt, als man „Brexit“ sagen kann. Potter nimmt sich genüsslich einen Sozialdemokraten nach dem anderen vor: Politiker, die ihre Überzeugungen eilfertig an der Tür von 10 Downing Street abgeben; Linksintellektuelle, die sich in Vergil-Zitaten ergehen, aber nur alternde Lüstlinge und Erfolgsneider sind; feministische Vordenkerinnen, die neue Familienmodelle propagieren, sich aber so borniert zerstreiten wie ihre eigenen erzkonservativen Eltern. Potter verrät ihre Figuren dabei aber nie. Obwohl sie nonstop deren Verlogenheit und Eitelkeiten bloßlegt, hat sie auch Verständnis für ihre Schwächen. Und als am Schluss eine Tür aufgerissen, eine Pointe gezündet und dem Zuschauer eine Pistole ins Gesicht gehalten wird – da hofft man kurz, dass dort Labour-Hoffnungsträger Jeremy Corbyn steht und Partygesellschaft, Linke und Land wieder auf Linie bringt. vs

Die Spielzeiten von „The Party“ in Ihrer Stadt finden Sie hier.

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