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The Visit

Ein Geschwisterpaar merkt, dass bei seinen Großeltern etwas nicht stimmt – selbstironischer Found-Footage-Horror von M. Night Shyamalan.

Es ist eine Spezialität des Horrorkinos, vertraute und scheinbar harmlose Situationen ins Beklemmende kippen zu lassen. In „The Visit“ ist es der Besuch bei Oma und Opa – für die meisten Kinder der Inbegriff von Entspannung und Wohlgefühl. Doch Becca und ihr Bruder Tyler haben gemischte Gefühle, als sie eine Woche bei ihren Großeltern verbringen sollen, denn sie haben die leicht wunderlichen alten Leute noch nie zuvor getroffen. Erst allmählich stellt sich heraus, wie Recht sie damit hatten: Kaum hat sich das Geschwisterpaar im ländlichen Pennsylvania eingewöhnt, häufen sich seltsame Vorfälle und es entsteht Misstrauen – weshalb dürfen die beiden ihr Zimmer nach 21.30 Uhr nicht mehr verlassen, und woher kommen die unheimlichen Kratzgeräusche im Flur?

Auf den ersten Blick ist „The Visit“ nur ein weiterer Vertreter des Found-Footage-Horrors (ein Film, der vorgeblich aus Archivmaterial besteht, das von den Figuren selbst gedreht wird). Doch er erzählt auch vom tiefen Fall seines Regisseurs M. Night Shyamalan, der nach „The sixth Sense“ kurze Zeit als Wunderkind des Horrorgenres galt, für seine darauffolgenden Filme aber vor allem Häme und Unverständnis erntete. Denn „The Visit“ legt nahe, dass alles nur ein großes Missverständnis war: Shyamalan schert sich wenig um Genreerwartungen. Sei es der Twist von „The Village“, der die vermeintlich übersinnliche Bedrohung plötzlich auf eine sehr weltliche Ebene überführte, oder die Pflanzen, die in „The Happening“ Menschen in den Selbstmord trieben – M. Night Shyamalan steht für Grusel zwischen schwelendem Unbehagen und lustvollem Unsinn.

Ein Rezept, das er in „The Visit“ auf die Spitze treibt, wenn er genüsslich mit dem Regelwerk des weitgehend auserzählten Found-Footage-Genres bricht und schließlich seinen Spöttern sogar im Wortsinne Scheiße ins Gesicht klatscht; wenn er die 13-jährige Becca dem Zuschauer filmanalytische Begriffe erklären und ihren Bruder Tyler ungelenke Zeilen in die Kamera rappen lässt; wenn er ironisch Grimm’sche Märchen zitiert – und sich der Film immer dann, wenn man ihn kaum noch ernst nehmen mag, doch noch als ungeahnt effektiv erweist. „The Visit“ ist so was wie Shyamalans Ehrenrettung nach den misslungenen Blockbuster-Versuchen „Die Legende von Aang“ und „After Earth“ – und ein verrücktes Autorenwerk durch und durch.

Ab 4. Februar ist der Film auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich.

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