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1968: Münchner Kammerspiele

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(Foto: © Julian Baumann)

„Fantasie an die Macht“: Die Münchner Kammerspiele gegen AfD-Biedersinn

Das Jahr 1968 ist ein zentrales Bezugsjahr für die westlichen Gesellschaften. 1968 wurden von San Francisco bis Wien Autoritäten in Frage gestellt, Institutionen umgeschmissen, moralische Gewissheiten neu gedacht und Hierarchien abgeschliffen – man kann sagen, dass unsere Welt anders aussehen würde, ohne die Ereignisse von vor genau 50 Jahren.

Aber auch die Münchner Kammerspiele sähen anders aus ohne 1968: Im Rahmen von Peter Steins Inszenierung des Stücks „Viet Nam Diskurs“ wurde Geld für Waffenspenden an den Vietcong gesammelt, worauf Intendant August Everding das Stück absetzen ließ. Allzuviel Durcheinanderbringen der Hierarchien war auch in der vorgeblich progressiven Kunstwelt nicht gewünscht.

Und heute? In der wohl aufwendigsten Produktion der Spielzeit werden die Kammerspiele künstlerisch besetzt, unter anderem von Gintersdorfer/Klaßen, Henrike Iglesias, Anna-Sophie Mahler, Raumlaborberlin und dem Kammerspiele-Ensemble. Hausbesetzungen sind als politische Aktionsform eine wichtiges Überbleibsel von 1968, allerdings war die letzte vergleichbare Aktion im künstlerischen Rahmen, die Besetzung der Berliner Volksbühne vergangenen Herbst durch ein eher unbedarftes Aktivistenkollektiv, ein ziemlicher Rohrkrepierer.

Hier aber geht es am Ende mehr um symbolischen Aktionismus als um eine echte politische Alternative: „Wenn AfD-Vorstand Jörg Meuthen fordert, man müsse ,weg vom linken rotgrün verseuchten, leicht versifften 68er-Deutschland‘, erwidern die Kammerspiele mit Jean Paul-Sartre: Die Fantasie an die Macht! Now!

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