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Das Gesetz der Familie

Brendan Gleeson und Michael Fassbender brillieren als Vater und Sohn in „Das Gesetz der Familie“, einer gelungenen Mischung aus Sozialdrama und Thriller.

Das englische Hinterland scheint ein Hort der Kriminalität zu sein: In Fernsehserien wie „Hit & Miss“ und „Happy Valley“ wird zwischen Schafherden, sanften Hügeln und verrottenden Vorstädten brutal gemordet. Auch „Das Gesetz der Familie“, das Spielfilmdebüt des mit Musikvideos und TV-Arbeiten bekannt gewordenen Regisseurs Adam Smith, setzt auf diesen Dreiklang aus Provinz, Blut und Pop – angereichert mit dem Sozialrealismus, für den das britische Kino traditionell steht. Das Drama zeigt eine Gemeinschaft von Gesetzlosen, die in einer Wagenburg in Gloucestershire hausen – einst scheinen sie politische Ideale gehabt zu haben, die in einem wirren Durcheinander aus christlicher Soziallehre und Vulgärmarxismus überlebt haben. Heute aber sind es Nichtsnutze, Ausgestoßene und Kleinkriminelle, die sich ihr Leben durch zunehmend brutalere Diebstähle und Überfälle finanzieren. In der streng hierarchisch strukturierten Gruppe brechen die Konflikte zwischen Patriarch Colby und seinem Sohn Chad immer deutlicher auf … Smith hat mit Brendan Gleeson und Michael Fassbender zwei hochmotivierte Hauptdarsteller, er hat einen Blick für die sozialen Verwerfungen im neoliberalen Großbritannien, und er kann mit einfachen Mitteln atemberaubende Actionszenen inszenieren. Dass „Das Gesetz der Familie“ einen am Ende doch etwas unbefriedigt zurücklässt, liegt am Drehbuch – es weiß auf der Zielgeraden nicht so recht, ob es die Figuren in die Eskalation oder in die Auflösung treiben soll. fis

Porträt Brendan Gleeson
Brendan Gleeson ist einer diese Charakterköpfe, ohne die größere, glattere Filme nicht auskommen. Gleichzeitig können Künstler wie Gleeson nur in kleineren Filmen selber richtig glänzen, wenn die größeren, glatteren Stars ihnen nicht alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der Ire mit der Aura des gemütlichen Kneipenwirts wurde dreimal für den Golden Globe nominiert (ohne ihn bisher zu erhalten), er hat Professor „Mad-Eye“ Moody bei „Harry Potter“ gespielt, war in „Braveheart“, „The Village“und „Gangs of New York“ dabei– und jeder, der diese Filme gesehen hat, wird sich an Gleesons massive Präsenz und wuchtige Ausstrahlung erinnern, würde man ihm ein Szenenfoto mit dem vierfachen Vater vorlegen. Doch in den kleineren Filmen, dort, wo kein DiCaprio und kein Zauberknirps Gleeson in die zweite Reihe drängt – dort breitet der 1,90-Hüne sein ganzes Repertoire aus, gibt den Auftragsmörder mit Kunstsinn („Brügge sehen …und sterben“), den rassistisch-gutmütigen Dorfpolizisten („The Guard – Ein Ire sieht schwarz“), den Pfarrer, dem in der Beichte das eigene Ableben angekündigt wird („Am Sonntag bist du tot“) oder den kriminellen Patriarchen („Das Gesetz der Familie“, auf der nächsten Seite im Heft) Irgendwo zwischen Bär und Brutalo liegt die ungewöhnliche Leinwandaura dieses Mannes; man weiß nie genau, ob er sein Gegenüber gleich zärtlich in den Arm oder brutal in den Schwitzkasten nimmt. vs

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