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In Transit: NRW-Forum, Düsseldorf

Zeitgenössische Kunst aus Malta ist im Rest Europas kaum bekannt. Das sollte sich ändern.

Malta ist ein winziges Land: Nicht einmal eine halbe Million Einwohner, die sich auf drei Inseln von der Fläche Bremens im Mittelmeer drängen, auf halber Strecke zwischen Italien und der nordafrikanischen Küste. Dieses Jahr hat Malta die EU-Ratspräsidentschaft inne, da lohnt es, einen Blick auf die Kunstszene in und um die Hauptstadt Valetta zu werfen. Und da hat Malta einiges zu bieten: Videokunst, Fotografie, Klanginstallationen und Netzkunst.

Die Ausstellung „In Transit – Digitale Medienkunst aus Malta“, die noch bis 16. April im Düsseldorfer NRW-Forum zu sehen sein wird, versammelt 19 junge Künstler, „die das Digitale nicht bloß als Medium sondern auch als Inhalt der Kunst begreifen“. Nach Düsseldorf wird die Schau auf Tour durch weitere europäische Metropolen gehen.

Langer Artikel über die Ausstellung „In Transit“ und die Kunstszene Maltas

Malta. Drei winzige Inselchen im Mittelmeer, zwischen Sizilien und der nordafrikanischen Küste, auf denen sich knapp ein halbe Million Einwohner drängeln, was das kleine Land zum dichtesbesiedelten Flächenstaat der Welt macht. 1371 Malteser pro Quadratkilometer, das ist ungefähr die sechsfache Bevölkerungsdichte der Bundesrepublik. Man kann also feststellen, dass das Zusammenleben in dem Zwergstaat ein recht urbanes ist, das durch eine forcierte Internationalität, bedingt durch die verbreiteten Englischkenntnisse der Bevölkerung noch verstärkt wird – das Land war bis 1964 britische Kolonie, Englisch ist bis heute neben dem aus einem arabischen Dialekt entstandenen Maltesischen zweite Amtssprache.

Bekannt an Malta ist vor allem die notorische Wasserknappheit, die dem Archipel eine wüstenhafte Anmutung gibt. Dagegen ist die maltesische Kunstwelt hierzulande alles andere als Gemeingut, was ein wenig überrascht – eigentlich sollte sich hier durch die Anbindung ans Kunstmekka London und die traditionell offene Kultur der Gesellschaft eine Szene aus Künstlern entwickeln können, die auch international anschlussfähig ist. Aktuell liegt die EU-Ratspräsidentschaft bei Malta, was Mittel freimacht, die zeitgenössische Kunst des Landes auch in Kontinentaleuropa bekannt zu machen – mit der Ausstellung „In Transit“, die digitale Medienkunst aus dem Inselstaat zeigt, zunächst in Düsseldorf, im Anschluss im niederländischen Leeuwarden.

Kuratiert wurde „In Transit“ von Vince Briffa, dessen Lebenslauf typisch ist für die heutige maltesische Kunst: Geboren 1958 in Malta, studierte er in Leeds und Preston, lebt heute allerdings wieder auf der Mittelmeerinsel. Briffa ist dabei gleichzeitig Künstler, Kurator, Autor und Wissenschaftler, eine Mehrfachkompetenz, die sich aktuell global als Standard durchsetzt, in kleineren Ländern an der Peripherie der Kunstwelt aber schon immer bedeutsam war – ein Land wie Malta zeigt sich hier als Avantgarde.

Die gezeigte Kunst derweil ist weniger Avantgarde als vielmehr vollkommen heutig. Zum Beispiel Matthew Attards „Untitled (todays selfie)“ – eine raumgreifende Arbeit, die die Selbstdarstellungsästhetik der Selfiekultur auf ihren minimalistischen Kern reduziert und dabei gleichzeitig kulturkritisch wie auf eigenartige Weise schön anmutet. Auch Attard ist übrigens ein Grenzgänger zwischen den Professionen: Als Künstler stellt er in Venedig ebenso aus wie in Brüssel, London und Peking, parallel betreibt er allerdings auch mit No.Me Studio eine Mischung aus Galerie und Designshop in der winzigen maltesischen Hauptstadt Valletta.

Ebenfalls im Grenzbereich zwischen Design und Kunst bewegt sich Kane Cali, geboren 1983 auf Malta, ausgebildet in London und im britischen Farnham. In seiner Serie „Lines In Sequence“ digitalisert er die Bewegungsmuster von menschlichen Figuren und schafft so eine Art virtuellen Ersatz für den Körper. Dass im hier abgebildeten Motiv die Figuren dabei sind, sich selbst auszulöschen, ist vor diesem Hintergrund bittere Ironie – die Menschheit macht sich selbst überflüssig, und bei Cali schießt sie sich folgerichtig das Hirn weg.

Insgesamt sind in Düsseldorf 19 künstlerische Positionen zu sehen, primär aus den Bereichen Videokunst, Fotografie, Soundinstallation und Netzkunst. Gemein ist ihnen, dass die Künstler in Malta leben oder zumindest einen engen Bezug zu der Insel haben, und dass das Digitale nicht nur Medium sondern auch Thema ihrer Kunst ist.

Falk Schreiber

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