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Jami Attenberg: Ehemänner

Umwerfend lakonisch wie Lily Brett und mit dem gesellschaftlichen Tiefblick Jonathan Franzens: „Ehemänner“ von Jami Attenberg

Jarvis Miller sitzt in der Falle. Seitdem ihr Mann vor sechs Jahren nach einem Unfall ins Koma gefallen ist, hängt die New Yorkerin in ihrem Alltag zwischen Wohnung und Pflegeheim fest, zwischen verklärten Erinnerungen an die Vergangenheit und verzweifelten Versuchen, nicht die Contenance einer Beinahe-Witwe zu verlieren. Erst der notgedrungene Besuch in einem Waschsalon bringt Abwechslung: Jarvis trifft auf ein Ehemänner-Trio, das sich dort die Dienstag-Nachmittage vertreibt. Ein Ruf zurück ins Leben für Miller, die sich immer nur über ihren Künstlergatten definierte und dies nun erstmal über diese drei tun kann – weil sie nun mal zu den Mädchen gehört, „die es einfach brauchen, dass man sie liebt“, wie ihre junge Nachbarin feststellt. Agil und fragil, aber eigentlich bloß leicht formbar für ihr Gegenüber. Für eine Sache zu kämpfen hat man Jarvis nicht beigebracht – selbst dann nicht, wenn die Sache sie selbst ist. Nach und nach aber gestattet sie sich, auszubrechen und es dabei mit mehr Feinden als sich selbst aufzunehmen. Jami Attenbergs erster Roman „Ehemänner” erscheint nach „Die Middlesteins“ und „Saint Mazie“ nun erstmals auf Deutsch: Als Emanzipationsgeschichte einer Frau, die bislang das Leben ihres Mannes zu ihrer Sache gemacht hat und nun lernt, es eigenständig mit der Welt aufzunehmen. Umwerfend lakonisch wie Lily Brett und mit dem gesellschaftlichen Tiefblick Jonathan Franzens lässt Attenberg die dünnhäutige Einsamkeit ihrer Protagonistin zum Sinnbild der hinter glänzenden Fassaden verborgenen Risse einer jeden Beziehung werden. vr

Jami Attenberg Ehemänner

Schöffling, 2017, 328 S., 24 Euro

Aus d. Engl. v. Barbara Christ

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